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Newsletter September 2014

Behördliche Duldung als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund?

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Die Praxis dürfte bekannt sein: Es kommt gelegentlich vor, dass Behörden gar nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt gegen ein Verhalten, das gegen das Umweltrecht verstößt und zugleich strafrechtlich relevant ist, einschreiten. Grund hierfür sind in der Regel Verhältnismäßigkeits- oder Opportunitätserwägungen. Das Nichteinschreiten ist dann Teil eines informellen Verwaltungshandelns, welches die moderne und flexible Verwaltung kennzeichnet. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit eine behördliche Duldung Relevanz für die strafrechtliche Beurteilung haben kann.

Arten der behördlichen Duldung

Man unterscheidet überwiegend zwischen zwei Arten der behördlichen Duldung: die aktive und die passive Duldung.

Dabei meint die passive Duldung das bloße Untätigbleiben der Behörde. Diese hat sich trotz positiver Kenntnis des Sachverhaltes entweder überhaupt keine Gedanken über ein Tätigwerden gemacht oder sie hat sich bewusst für ein Nichthandeln entschieden, diese Entscheidung aber nicht nach außen kommuniziert.

Eine aktive Duldung soll dagegen vorliegen bei einer bewusst getroffenen Entscheidung der zuständigen Behörde, gegen einen auch strafrechtlich relevanten Sachverhalt nicht einzuschreiten. Dieses Nichteinschreiten muss dem Betroffenen objektiv signalisiert worden sein: Sei es, dass die Behörde dem Betroffenen ihre „Duldungsentscheidung“ zu verstehen gegeben hat, obwohl sie von der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ausgeht; sei es, dass sie das Verhalten – irrig – als rechtmäßig einstuft und dargelegt, sie greife schon deshalb nicht ein.

Rechtsfolgen einer behördlichen Duldung

Die Differenzierung zwischen aktiver und passiver Duldung ist deshalb von Belang, weil die jeweilige Duldung unterschiedliche Rechtsfolgen in strafrechtlicher Hinsicht auslösen kann. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass über kaum ein anderes Thema des Umweltstrafrechts in der Vergangenheit so viel diskutiert worden ist und diese Diskussion bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist.

Im Mittelpunkt dieser Diskussion steht die Frage, ob eine behördliche Duldung als Rechtfertigungsgrund angesehen werden kann. Würde man der behördlichen Duldung diese Funktion zuerkennen, entfiele die Strafbarkeit des Handelns. Man könnte daher auch von einer Legalisierungswirkung der Duldung sprechen.

In der Rechtsprechung und der überwiegenden Kommentarliteratur hat sich folgende Meinung gebildet:

Eine passive Duldung hat keinerlei Auswirkungen auf eine mögliche Strafbarkeit, für sie wird eine Legalisierungswirkung vollständig abgelehnt.

Eine aktive Duldung hingegen wird als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Dies wird in der Regel damit begründet, dass das behördliche Verhalten einen Vertrauensschutz für den jeweiligen Betroffenen auslöst.

Praxishinweis

In der Praxis bedeutet dies, dass bei Verstößen gegen das Umweltrecht, denen zugleich eine strafrechtliche Relevanz zukommt, der Betroffene darauf hinwirken sollte, dass die jeweils zuständige Verwaltungsbehörde ihr Nichteinschreiten gegen ihn nach außen erkennbar dokumentiert.

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